Die menschliche Figur und die Abstraktion sind untrennbare Elemente der Kunst
Michael Kochs (geboren 1951 in Stuttgart, in Köln lebend), der zum ersten Mal mit großformatigen Ölgemälden in der Zellermayer
Galerie präsentiert wird.
1974 - 1980 absolviert der zunächst fotorealistisch arbeitende Künstler sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in
Nürnberg. Für den Katalog der Bildserie "Monkey Man" erhält Michael Koch 1985 den Preis des Bayrischen Kultusministeriums für
Künstler und Publizisten.
Koch setzt sich in diesen fotorealistischen Arbeiten mit individuellen Schicksalen, mit Gewalt, vor allem gegen Wehrlose,
auseinander. Doch die strenge rationale Perfektion dieser Arbeitsweise gibt er zu Gunsten einer eigenen emotionalisierten,
abstrakt-expressiven Formensprache auf.
Keine Fotos, sondern "emotionale Bilder im Kopf" * dienen ihm fortan als Vorlage: sie sind "Seelenspiegel". Die stilisierten menschlichen Figuren entstehen frontal zum Betrachter über einem Gitter von Linien. Es sind "Strichmännchen der Superlative", "Kritzelkunst" *, die an Kinderzeichnungen und die Art Brut Jean Dubuffets erinnern. Archaische, überlebensgroße Figuren aus dunkelblauen Umrisslinien, wie die "Pianospielerin mit Hund und Haarnetz" von 2002 (Öl auf Nessel, 230x170 cm) sprechen durch ihre Mimik und Gestik;
Kopf, Gesicht und Hände, die in Rot gemalt sind. Tränen, aufgerissene Augen und Münder sind Gesten der Angst und Verletzlichkeit;
abstrakte Symbole für negative menschliche Erfahrungen, die "freezed" (eingefroren) in der Art der Film-Stills belichtet werden.
Das Zeichenhafte der Technik verweist auf den Symbolcharakter. Mit den Mitteln der Anspielung durch Symbole und Gesten und der
Zusammenführung von Gegensätzen, wie dem zeichnerischen, kindlichen und der Überlebensgröße der Figuren, will Michael Koch "auf den
Nerv" des Betrachters treffen, eine "subjektive Betroffenheit" * erzielen. Der Künstler wendet sich dabei an den Erfahrungsgehalt
des jeweiligen Betrachters und berührt somit aktuelle Themen wie auch Allgemeingültiges.
Zwischen 1991 und 1998 hat sich Michael Koch bedingt durch zahlreiche Aufträge mit Bühnenbildern für Film- und Fernsehproduktionen
beschäftigt.
Die Kunst Michael Kochs wird zum "Seelenspiegel", indem der Betrachter die abstrakt-figürliche Formensprache für sich selbst
übersetzen und denken muss.
Karolin Bohrer
ZELLERMAYER Galerie 2008
*Interview von A. Schloen mit M. Koch, Köln, am 23.3.2002