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 MIRA,  Victor Werke Messen Texte 1 Texte 2 Katalog      
 Mira über Mira

 1949 - 2003

 geboren in Saragossa, Spanien
 lebte und arbeitete in München und Barcelona

„Ergriffene Künstler, so dachte ich, hat es schon genug gegeben. Ich wollte der stumme und eiskalte Künstler sein, der das Leben und diese Natur voller dunklem und lästigen Ungestüm tötet, dieses Ungestüm, das mich drängend nach meiner Malweise fragen ließ: Atmen vor jedem Pinselstrich oder danach? Oder vielleicht den Atem anhalten während meine Hände etwas so ... taten? Oder atmen und nur atmen? Irgendetwas wollte ich tun, wenn es nur nicht zwei Sachen gleichzeitig waren; denn ich wollte radikal sein und extrem kalt und meine Pinselstriche sollten aus reinem, brennenden Eis sein, wie göttliche Offenbarungen. Keine Leinwände voll Leidenschaften wollte ich füllen, die, kaum entlassen, in allen Sprachen schreien. Zuviel Stimmen ertönen, zu viel der Dinge, die wieder und wieder gesagt sind und ich ersehne Ruhe und vor allem, einen Raum frei von Kultur. Ich möchte in meinem Haus malen, wo die Farbe langsam trocknet und ich mir die Zeit zum Denken nehmen kann. Denn wenn ich langsam denke, während ich male, als läge ich im Bett, gelingt mir alles, errate ich, was hier und dort geschieht. Wenn ich weit entfernt bin, verloren und verwirrt umherirre wie ein armer moderner Mensch, bemitleide ich mich. Man erfährt viel mehr von den Dingen, wenn man sie täglich sieht und nicht nur einmal im Vorübergehen.“  (Aus: Katalog Galerie Zellermayer, 1990)


 
 Victor Mira " Mein Gefängnis - Meine Leidenschaft"

So wie es scheint, bin ich nicht das Ergebnis von Sieg oder Niederlage, sondern ich muß leider zugeben, und das ärgert mich, daß ich, wie alles in der Natur, nur das Ergebnis eines Kompromisses bin. Ich leugne, daß in mir auch nur ein Funken von Leben existiert und es erfüllt mich mit Entsetzten, nicht tot zu sein und dafür fühlen zu müssen, wie das widerliche Leben in mir pocht wie ein altes Tier.

Ich horche in mich hinein und kann schließlich mich verstehen, das ist schon viel. Doch manchmal wundere ich mich, daß ich an Spanien denke, ein anderes Mal denke ich an Spanien und bin dafür nicht erstaunt. Und ich sage es so wie ich es empfinde, das ist nicht wenig, und der Tod hält inne.

Wenn ich einst die Trommel auf dem Felde war, so bin ich jetzt das Klavier im Mittelpunkt des Hause. Weder alt noch neu, nur ein häusliches Instrument unter den Meinen, von ihnen gespielt aber stumm, alles in mir stumm, wenn keine Hand mich ertönen läßt.

Versucht mich nicht zu verstehen, nichts zu erklären von dem was ich in meinem Blut gespeichert habe, denn die Erklärung tötet den Künstler. Wer glaubt einen Schlüssel zum Verständnis von Aussagen zu benötigen, muß wissen, daß man lebendig und aktiv sein kann, auch ohne alle Dinge zu verstehen und das Fragen die über das hinausgehen, was der Künstler selbst bereit ist mitzuteilen, Geschwätz sind, ja Voyeurismus.

So trägt mich jede Frage nach der Vergangenheit zurück in schmerzliche Zeiten, die ich glücklicherweise hinter mir gelassen habe; jede Frage läßt mich in jene Dunkelheit versinken und meine Schritte und die Zeit gehen verloren, sie, die ich doch so notwendig zum Überleben brauche.

Ich möchte nichts wissen, am wenigsten über mich selbst. Ich möchte nicht der blinde Gegenstand sein, der hereintritt und schwängert, nur damit die anderen mich kennen und sich meiner erinnern. Ich möchte keine Bürde in ihrem Gedächtnis ein, sondern nur Leichtigkeit und Vergessen in meiner Erinnerung.

Gut lachen kann jeder, der wie ich im Exzess lebt. Mein Exzess, mein Bedürfnis, mein Friede, mein Gleichgewicht, die Gleichgültigkeit sogar, mit der ich den Tod betrachte. Was macht es schon, ob ich hier lebendig oder tot bin, wenn ich überall die Aufgabe erfüllen werde, zu der ich jederzeit bereit bin.

Denn in meiner Seele hat das Lachen keinen Platz, ich lache nicht, wenn ich die spanische Kultur betrachte obwohl ich es gerne täte, zum Zerbersten gerne angesichts ihrer weissen Haut, ihrer Blässe eines immer bedeckten Körpers, eines scheuen furchtsamen Fleisches das nie umarmt wurde, das nur in der Dunkelheit sündigte unter den Laken. Ein Dasein ohne Wurzel, ein Tier, das keine Spuren hinterläßt, eine Kultur ohne Gedächtnis. Scheiße und nichts als Scheiße und Tränen ohne Trost auf weiberlosen Betten.

Ich hasse das Reisen und es erstaunt mich zu sehen, wie die Menschen reisen. Ich sehne nur die Rückkehr nach Hause herbei. Es ist eine mühselige und erschöpfende Reise, aber es ist die schönste Reise. Sobald ich den Weg finde, werde ich sie antreten. Ich habe Vertrauen und warte geduldig. In die Heimat zurückzukehren, die ich nie hätte verlassen dürfen, das ist mein Wunsch. Doch ich bin verloren und gehe weit, wie alles, obwohl ich weiß, daß ich gar nicht weit gehen muss, um das Beste zu finden, denn es liegt ganz nah bei mir. Das weiß dieser Pinsel, von Farbe durchtränkt, den ich in meiner Hand halte, dieser Pinsel der wie eine Hacke wühlt, lebendig und wild. Weit wollte ich gehen, wie Rimbaud wollte ich weit gehen und sucht Äthiopien an allen Orten, ich suchte jungfräulichen Boden, in den ich meine Füße versinken und den Pulsschlag der Erde fühlen. Ich suchte und suchte, manchmal gelassen, manchmal verzweifelt, und in den Wintern des vereisten Deutschlands wusste ich zu wühlen, bis ich das ewige Tahiti ausgegraben hatte, welches verborgen und zuckend unter dem modernen Glanz liegt. Ich bückte mich, um den Schnee zu küssen, ich legte meine Lippen, die Lippen eines feurigen, die Kälte nicht gewohnten Spaniers, auf das Weiße des Bodens und es schien mir, als küsse ich das tödliche Weiß jungfräulicher Leinwände.

Ergriffene Künstler, so dachte ich, hat es schon genug gegeben. Ich wollte der stumme und eiskalte Künstlersein, der das Leben und diese Natur voller dunklem und lästigen Ungestüm tötet, dieses Ungestüm, das mich drängend nach meiner Malweise fragen ließ; atmen vor jedem Pinselstrich oder danach? Oder vielleicht den Atem anhalten während meine Hände etwa so... taten? Oder atmen und nur atmen?

Irgendwas wollte ich tun, wenn es nur nicht zwei Sachen gleichzeitig waren, denn ich wollte radikal sein und extrem kalt und meine Pinselstriche sollten aus reinem, brennenden Eis sein, wie göttliche Offenbarungen. Keine Leinwände voll Leidenschaft wollte ich füllen, die, kaum entlassen, in allen Sprachen schreien.

Zuviel Stimmen ertönen, zuviel der Dinge, die wieder und wieder gesagt sind und ich ersehne Ruhe und vor allem, einen Raum frei von Kultur. Ich möchte in meinem Haus malen, wo die Farbe langsam trocknet und ich mir die Zeit zum Denken nehmen kann. Denn wenn ich langsam denke, während ich male als läge ich im Bett, gelingt mir alles, errate ich was hier und dort geschieht. Wenn ich weit entfernt bin, verloren und verwirrt umherirre wie ein armer moderner Mensch, bemittleide ich mich. Man erfährt viel mehr von den Dingen, wenn man sie täglich sieht und nicht nur einmal im Vorübergehen.

Es spielt keine Rolle, daß viele oder alle denken, daß ich irre: dieses sind meine Gefühle.Zwei oder drei sind es, nicht mehr, denen ich treu bleibe; wenn die verfluchten Anfechtungen mich bedrängen, weigere ich mich auch nur einen Schritt aus dieser Krankheit zu tun, die mich Tag und Nacht vor der Mühe der Kunst bewahrt, die mich in der Krise hält, bewußt ihr entgegen tretend, die Gesundheit klar im Auge.

Zu Hause, wenn ich meiner Arbeit nachgehe, träume ich nicht von Reisen, noch denke ich daran dorthin gehen zu müssen, wohin man mir zu gehen befielt. Zu Hause, wenn ich meiner Arbeit nachgehe und auf das Außergewöhnliche stoße, verlasse ich mich ganz auf mich selbst bei allem was die Kunst betrifft und für den Rest höre ich auf Gott, denn Gott ist viel, doch nicht immer ist er Kunst.

An dies denke ich und sonst an nichts. Dies sind meine Gedanken und zugleich mein mühseliges Warten, welches Kunst bedeutet. Ich möchte nicht weit gehen, obwohl ich weiss, das viele, die Besten, weit gehen mußten, um ihr Haus zu finden und ich denke an sie, die Besten, die weit gehen mußten, um den Schlüssel zu ihrer Werkstattt zu finden, den kranken Schlüssel zu ihrer Arbeit.

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