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Über ZELLERMAYER Galerie Berlin
Heike Brückner
 
Carsta Zellermayer kann es selbst kaum fassen, seit inzwischen 27 Jahren führt sie ihre Berliner Galerie und hat in dieser Tätigkeit politisch, kulturell und künstlerisch so unterschiedliche Zeitperioden miterlebt und mitgestaltet wie den Ausklang der siebziger, die achtziger, die neunziger und den Beginn des 21 Jahrhunderts. Für manch anderen wäre dies der Zeitpunkt, sich als Zeitzeuge in Ehren zurückzuziehen. Nicht für die temperamentvolle Avantgarde-Galeristin, die noch heute den gleichen „Hunger auf Kunst“ wie damals verspürt, der sie immer wieder nach neuen Wegen suchen lässt. Nur auf den ersten Blick steht dies im Widerspruch zu der großen Kontinuität, die sie in der Zusammenarbeit mit den Künstlern ihrer Galerie auszeichnet, zu denen so unterschiedliche Persönlichkeiten gehören wie die sensibel-intellektuelle Katharina Meldner, der stille Star Antonius Höckelmann, der leider im Juni 2000 zu frühzeitig verstorben ist, der Konstruktivist Lienhard von Monkiewitsch und das Multitalent Thomas Lange. So umfasst ihr vielfältiges Programm, das sie auch seit 1983 erfolgreich auf Kunstmessen wie die Art Basel und die Art Cologne ausstellt, Malerei und Skulptur ebenso wie Konzeptkunst und Fotografie. Die Positionen der gestrigen und heutigen Avantgarde stehen sich spannungsreich gegenüber.

1 968 kommt die gebürtige Iserlohnerin Carsta Zellermayer nach Berlin. Schnell wird sie zur Insiderin der Berliner Kunstszene und zum gern gesehenen Gast in Galerien und Künstlerateliers – nicht nur, weil sie selber leidenschaftllich Kunst sammelt, sondern weil sie auch ein bemerkenswertes Talent besitzt, andere für die Werke zu gewinnen, die ihr selbst gefallen.

Die geborene Galeristin also? Carsta Zellermayer muß erst von ihren Künstlerfreunden überredet werden, bevor sie 1975 ihre Galerie eröffnet. Die Premiere mit Objektkästen von Wolf Vostell stößt auf großes Interesse – und auf joviale Nachsicht vieler „professioneller“ Kollegen gegenüber der Seiteneinsteigerin. Denn die frischgebackene Galeristin betreibt die Galerie in ihren eigenen vier Wänden in Berlin-Dahlem. Doch schnell bewähren sich Carsta Zellermayers straffe Organisation und ihr ambitioniertes Avantgarde-Konzept. Die Ausstellungen der folgenden Jahre bilden ein Panorama der Berliner Kunstlandschaft der ausgehenden siebziger Jahre. Auf Wolf Vostell folgen der Fluxus-Künstler Alan Kaprow und der Fotograf Urs Lüthi, die Konzept-Künstler Katharina Meldner und Gary Kühn, der ungarische Minimalist György Jovánovics und der tschechische Collage-Meister Jiri Kolar.

Besonders deutlich wird in der Ausstellungschronik die Rückkehr der Kunst zur expressiven, figurativen Malerei. 1977 arbeitet Carsta Zellermayer das erste Mal mit Antonius Höckelmann, 1979 zeigt sie Gemälde und Papierarbeiten von Anselm Kiefer – lange bevor dieser den Zenit seines Rums erreicht. Immer mehr konzentriert sie sich auch auf die neuen Berliner Maler, stellt Rolf Behm und Thomas Lange aus.
Und sie übernimmt Werke arrivierter Künstler wie Lüpertz, Baselitz, Immendorf von anderen Galerien in ihr Galerieprogramm. Mit ihnen zeigt sie den Kontext auf, in dem die von ihr betreuten Newcomer arbeiten, und festigtso das Vertrauen der Sammler in deren Kunst. Diese neue Kunst verlangt nach neuen, immer größer werdenden Formaten. So zieht Carsta Zellermayer 1984 nach neun Jahren Galerietätigkeit in neue, größere Galerieräume in der Berliner City, die sie mit den monumentalen Bildwerken Dieter Hackers eröffnet.

Auch in der neuen Umgebung bleibt sie ihrem Avantgarde-Konzept treu: In der „East Village Art“ Show stellt sie als erste Berliner Galerie unter anderem Arbeiten der New Yorker Keith Haring, Dan Asher und James Brown, Peter Schuff und David Woynarowicz aus. Dem „Shadowman“ Richard Hambleton widmet sie 1985 eine Einzelausstellung. Zweiter Schwerpunkt der Galerietätigkeit der achtziger Jahre wird die Beschäftigung mit der Skulptur, bei der Künstlerpersönlichkeiten wie Frank Dornseif,  der Österreicher Erwin Wurm und wiederum Antonius Höckelmann im Mittelpunkt stehen. Das Jahr 1986 erklärt sie zum Skulptutenjahr und zeigt sieben Bildhauerausstellungen in Folge.

Und auch kunstpolitisch wird sie aktiv: Ohne sich vor einen Karren spannen zu lassen, tritt sie vehement und erfolgreich für die Interessen der Berliner Galeristen  als Vorstandmitglied im Interessensverband Berliner Galerien ein. 1991 zieht Carsta Zellermayer in ihre ultimative Galerie an der Uhlandstraße. Als erste Einzelausstellung zeigt sie die hochpolitischen Großfotos von Frank Thiel, die wichtigsten Neuzugänge sind die expressiven Bilder des Spaniers Victor Mira, die abstrakten Bilder des Amerikaners Clinton Storm und die  mathematisch-minimalistischen Arbeiten von Lienhard von Monkiewitsch. Zu Beginn dieses Jahrzehnts hier wieder alle Elemente nebeneinander, mit denen sich die Galeristin schon in den siebziger Jahren auseinandergesetzt hat und die die Vielfalt ihres Programmes ausmachen.

Doch ist dies kein bloßer Rückgriff auf ihre Anfangsgründe. Innerhalb dieser Bereiche haben sich in den 27 Jahren Entwicklungen von solcher Tragweite ereignet, dass hier schon wieder eine neue Avantgarde zu finden ist. Es schließt sich kein Kreis, sondern der Weg ist weiterhin offen.
 


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